Zur Ausgangslage:

Nachdem wir es leider nur dreimal schafften, in der gewünschten Aufstellung aufzulaufen und auch sonst die Kämpfe irgendwie nicht zu unserem Glück laufen wollten, fanden wir uns vor der letzten Runde auf einem Abstiegsplatz wieder. Da erwarteten wir als Gastgeber den Tabellenletzten aus Deisenhofen. Ein 2:2-Unentschieden hätte uns gereicht. Von der Papierform waren wir leicht favorisiert (1978 : 1907), aber was heißt das schon, wenn es um die sprichwörtliche Wurst geht.

An Brett 3 wählte Hans Schmidt mit den schwarzen Steinen gegen seinen Gegner die Caro-Kann-Verteidigung, die dieser mit der raumgreifenden Vorstoßvariante beantwortete. Nachdem der Weiße kurz rochiert hatte, sah Hans die Zeit gekommen, einen Königsflügelangriff zu starten, wurde aber von seinem Widersacher böße im Zentrum auf den geschwächten schwarzen Feldern ausgekontert, wo auch noch der schwarze König residierte. Vor die Wahl gestellt Figur oder Dame verlieren und ergab sich seinem Schicksal und quittierte die Partie. Somit 0:1. Ich hatte an Brett 2 Weiß und wusste von der Vorliebe meines Gegners für die Caro-Kann-Verteidigung. Ich entschied mich für die Abtauschvariante, da diese zu Stellungsbildern führt, die mir liegen. Mein Gegner tauschte einige Figuren sowie die Damen und wir fanden uns in einem Endspiel wieder mit der Frage, ob mein Läufer seinem verbliebenem Springer (bei jeweils noch allen Türmen) stärker wäre. Das bei ziemlich geschlossener Stellung. Mein Plan, die Stellung zu öffnen, um die Wirkung meines Läufers gegen seinen geschwächten Damenflügel mit Druckspiel zu erhöhen, schien aufzugehen, doch gab es eine Verteidungungsidee, die mein Gegener fand, wonach ich dem Tausch meines Läufers einwilligen mußte und Gewinnversuche sich in Luft auflösten. Zwischenstand: 05:1,5.

Hans Neidl mußte sich an Brett 4 seinem Gegner, der die Sizilianische Verteidigung wählte, zuerst starkem Druck am Damenflügel erwehren. Doch Zug um Zug gelang es ihm, sein Figurenspiel zu stabilisieren und im Zentrum zu Gegenspiel zu kommen. Eine Unachtsamkeit seines Gegners nutzte Hans zu einer letztlich gewinnbringenden Fesselung, die ihm den Mehrbesitz einer Qualität einbrachte, die er dann im Endspiel überzeugend verwertete. Ausgleich: 1,5:1,5! Somit kommen wir zum absoluten Hightlight und Drama des Abends. Richard Schreiner mit den schwarzen Figuren an Brett 1 hatte sich einem starken Druckspiel seines Gegners zu erwehren. Dies führte zu einem deutlichen zentralen Raumvorteil für Weiß und sehr unbeweglich und passiv stehenden schwarzen Figuren. Im weiteren mußte Richard die Qualität geben, um in der Partie zu bleiben, ohne daß nennenswertes Gegenspiel sichtbar gewesen wäre. Die einzige Chance, Verwirrung zu stiften, bestand darin, die weißen Felder um den gegnerischen König mit Dame und Läufer zu bespielen. So seit etwa Zug 25 lebte sein Gegner von den 30 Sekunden Inkrement. Zwar bestand nach der Partie allgemein die Auffassung, daß Weiß auf Gewinn gestanden wäre. Doch auf Gewinn stehen und letzlich doch gewinnen... Zwei Paar Stiefel! Sein Gegner fand jedoch in unübersichtlicher Position nicht die beste Aufstellung und mußte, um Matt abzuwenden, eine ganze Figur geben. Nun ergab sich eine sehr ungewöhnlich Materialverteilung, in der Weiß 2 Türme gegen das Läuferpaar und Springer von Richard hatte. Doch zusätzlich zwei verbundene Freibauern auf der 6.Reihe! Es entwickelte ich ein toller taktischer Schlagabtausch, indem wie von Geisterhand, Richard seine scheinbar passiv stehenden Leichtfiguren maximal gegen den König aktivieren konnte. Zwar stand einer der Freibauern direkt vor der Umwandlung, doch vorher erlag der weiße König dem Mattangriff. Endstand nach 4 1/2 Stunden der Endstand: 2,5:1,5!! Das hievte uns tatsächlich noch auf den, nach Wertungszahlen aller Mannschaften, stimmigen 4.Platz. Aber nach einem Abend, der wirklich nichts für schwache Nerven war!

           Garching 1 (1978) - Deisenhofen (1907)   2,5 : 1,5

1    2126    Schreiner             - Höller               2024       1 : 0

2    1995    Gradwohl             - Kümpers           1962        1/2

3    2017    Schmidt               - Brunner            1932       0 : 1

4    1773    Neidl                   - Gambietz          1711       1 : 0

           Seniorenliga 1                 Endstand nach 7 Runden

1.  2167    Haar                                        14           21,0

2.  2185    MSC                                         12           23,5

3.  1884    Roter Turm Alstadt                    10           15,5

4.  1978    Garching 1                                 6           11,5

5.  1775    Aschheim                                   4           11,5

6.  2115    Tarrasch                                     4           10,5

7.  1907    Deisenhofen                               3             9,5

8.  1862    Bayern 1                                    3             9,0