Death Rides a Horse: Roter Turm – Garching II

Dienstag, 12 November 2013 14:39 Benno

Nach dem lockeren Aufgalopp im Eröffnungsmatch waren wir (nämlich Garchings zweite Equipe) auch in der zweiten Runde der Regionalliga gegen Roter Turm Altstadt deutlich favorisiert; aber das ist Carlsen gegen Anand bei der WM ja auch gerade, und der hat bisher noch keine ordentliche Hürde übersprungen. Wir haben es jedenfalls – trotz einiger recht vollblütiger Partien – besser hinbekommen:

Recht bald endete die Partie von Alex im Remis (Brett 2, Beyerlein-Dehlinger). Im Sveshnikov hatte Weiß einen etwas selteneren Plan (statt Txa4 nahm er den Randbauern mit der Dame) gewählt. In der resultierenden Stellung war die Punkteteilung sicher nicht unangebracht; das war insgesamt noch eher ein solides Trabrennen als der große Pferdesport, aber ein Remis mit Schwarz ist ja selten verkehrt. (1/2-1/2)


Ebenfalls ohne Sieger endete die Partie am achten Brett (Hofmann-Schmidt), wo das frühe Mittelspiel aus Garchinger Sicht nicht ideal gelaufen war. Im Leningrader hatte Schwarz auf Sicherungszüge wie a7-a5 (für das Streitross auf c5) verzichtet, und anschließend mit d6-d5 und dem Abtausch der aktivsten schwarzen Leichtfiguren eine strategisch ziemlich bedenkliche Stellung erhalten, zumal Weiß auf d4 einen echten Pegasus-Nachfahren zu etablieren drohte; das Remis kam uns hier nicht ganz ungelegen. (13. … f4!? ∆Lf5) (1/2-1/2)


An Brett sieben (Schlinkmeier-Eisfeld) hatte Karsten bald eine QGD-Stellung aus dem Bilderbuch – was aus Sicht seines Gegners nicht unbedingt nötig gewesen wäre, wenn er nicht freiwillig die weißen Felder am Damenflügel geschwächt hätte (9. … b6?!). Damit verlor Schwarz gleichzeitig die Kontrolle über das e5-Feld, von wo aus ein Schimmel alsbald den schwachen c6 zu bespringen drohte. Nach einigen für Weiß günstigen Abtauschaktionen zeigte spätestens der simple Bauerngewinn mit 17. Dc3, wie schlecht die schwarze Stellung ist, und der Rest war dann wie eine Kutschfahrt in der Abendsonne. (1-0)


Einen gewissen Weißvorteil konnten wir auch am fünften Brett verbuchen (Schreiner-Katzameyer); auch wenn mir die Lage recht ausgeglichen erschien. Hier hatte Schwarz seinen weißfeldrigen Läufer frühzeitig abgegeben und mit e6, d5 eine sinnvolle Blockade für dessen weißen Konterpart errichtet. Mit a6 und b5 schwächte Schwarz allerdings ein wenig den Damenflügel, und schwarze Kontrolle über die offene c-Linie konnte Weiß auch abwenden. In noch nicht klarer Stellung endete die Partie mit einer umso klareren Springergabel (1-0).


Am Nebenbrett wurde ein typisch zäher ‚Avrukh‘-Slawe verhandelt, wobei der schwarze Turm auf h4 bella figura machte. In einer ziemlich originellen Konstellation wurde er noch von seinem a8-Kompagnon gespiegelt, der sich ebenfalls auf der vierten Reihe postierte – leider war er da aber weniger gern gesehen und musste das Feld wieder räumen (wobei 21. … Txc4!? vielleicht ein interessantes Qualitätsopfer gewesen wäre, das dem Weißen seinen starken Läufer entzieht). Nach dem programmatischen d4-d5 und den anschließenden Verwicklungen erhielt Weiß einen zusammen mit dem Läuferpaar nicht ungefährlichen d-Freibauern. Remis gegeben wurde in einer Stellung, in der man nur schwer feststellen kann, wer Ross und wer Reiter ist – so war das Unentschieden wettkampftaktisch ein gutes Ergebnis für uns (1/2-1/2).


Nach einem Start-Ziel-Sieg sah es an Brett 1 aus, wo Markus Schleich im Rossolimo-Sizilianer den Parcours eindeutig besser kannte – 4. … dxc6?! scheint zumindest in Verbindung mit dem folgenden g7-g6 nicht die geeignete Vorgehensweise zu sein, wenn man plant die Figuren zu entwickeln. So hatte Weiß im Partieverlauf auch effektiv eine Leichtfigur mehr im Spiel (der Weißfelder des Schwarzen war eigentlich nur dazu gut, Wartezüge zu machen) und Dominanz auf den schwarzen Feldern (wo Weiß sowieso mit einer Figur mehr spielt, da er ja einen der Black Beauties schon im vierten Zug geschlagen hatte). Nachdem Schwarz seinen Laden eine Zeit lang zusammengehalten hatte, endete die Partie mit einem in diesem Wettkampf untypisch häufigen Motiv – einem doppelten Hufschlag gegen König und Dame durch Jolly Jumper höchstpersönlich. (1-0)


Direkt neben mir (Brett 3, Rusche-Cuadrado) ging es für den Geschmack des gemeinen Equestrikers ziemlich wild zu. Vor allem vom Aufgalopp habe ich überhaupt nichts verstanden – aber so ist das nun mal, wenn man seine Theoriekenntnisse fast ausschließlich aus der Wendy bezieht. Mit einem Trippelbauern in der offenen c-Linie und ohne Entwicklung steht Weiß besser – sowas kann man im Jugendtraining nicht guten Gewissens vorzeigen. Weiß sagt: „Alles egal, der schwarzfeldrige Läufer ist der König“ (metaphorisch gesprochen); daher gab Schwarz auch die Qualität für diese Leichtfigur auf. Nach einigen Verwicklungen führte das zum weißen Sieg, u.a. weil die beiden Wallache des Schwarzen keine größeren Flurschäden anrichten konnten (1-0).


Etwas lahmend kam ich selbst ins Ziel (Brett 4, Schmitzer-Rücker) – allerdings hatte ich meinen Hengst auch auf eine lange Reise geschickt (Sf6-d7-b6-a4-b6-a4-c3-e2-d4-c2-e3-c2-d4-f5-h6), auf der er einen weißen Turm dominierte, anschließend die weißen Bauern c, d, e und f abgraste, und, endlich zum heimischen Stall zurückgekehrt, noch den ansonsten undeckbar (no pun intended) auf h6 Matt drohenden Schimmel des Gegners von der Weide räumte. Horse Hero! Und dann doch noch zum Abdecker – tragisch. (0-1)

Den Wettkampf haben wir am Ende also bei drei abgegebenen Remisen recht hoch gewonnen (6,5-1,5), aber ein Spazierritt war es eigentlich nicht, da die Gegner doch an einigen Brettern zähen Widerstand leisteten. Der Sieg hat Garching II an die Tabellenspitze gebracht, und da bleiben wir jetzt bis zum Ende – auch wenn die Verfolger die Nüstern blähen.

    SC Roter Turm Altstadt 1 1954 -   SC Garching 1980 2 2170 1,5 - 6,5
1 1 Josch, Sylvio 2130 - 1 Schleich, Markus 2227 0 - 1
2 2 Beyerlein, Andreas, Dr. 2074 - 2 Dehlinger, Alexander 2229 0,5 - 0,5
3 3 Cuadrado, Guillermo 2065 - 3 Rusche, Johannes 2190 0 - 1
4 4 Schmitzer, Peter 1891 - 4 Rücker, Benjamin 2239 0 - 1
5 5 Katzameyer, Michael, Dr. 1942 - 7 Schreiner, Richard 2178 0 - 1
6 6 Bohnhoff, Peter 1979 - 8 Wiegner, Denis 2121 0,5 - 0,5
7 13 Eisfeld, Klaus 1791 - 11 Schlinkmeier, Karsten 2114 0 - 1
8 16 Hofmann, Frank, Dr. 1760 - 15 Schmidt, Hans 2065 0,5 - 0,5