The Good, the Bad and the Ugly

Montag, 12 November 2012 22:28 Benno

 

2. Bundesliga Ost, USV Halle 1 – SC Garching 1

 

Nach der verschmerzbaren Auftaktniederlage gegen das sehr stark besetzte Team aus Dresden rechneten wir uns im Duell mit dem USV Halle wesentlich bessere Chancen aus – zumal wir in Topbesetzung antreten konnten. Jedoch zeigten die Garchinger Revolverhelden zwar noch großen Tatendrang beim samstäglichen Durchstreifen der Hallensischen Geister-Vorstadt und dem Ölen der Schießeisen im griechischen Saloon, boten aber am Sonntag eine fast durchweg unglückliche bis schwache Vorstellung.

 

The Good

Wenn Sergio Leone in dieser Kategorie so wenig Material zur Verfügung gehabt hätte, wie wir am Sonntag produziert haben, wär’s ein Kurzfilm geworden. Deswegen müssen wir hier Etappensiege bzw. Teilpartien abfeiern:
Gut war, dass wir mit Jiri am Spitzenbrett einen Pistolero aufbieten konnten, der es an Gerissenheit mit dem Hallensischen Spitzenmann Alexander Graf locker aufnehmen kann (mehr dazu in: „The Bad“). Gut war auch, dass Roland trotz der intensiven Vorbereitung seines Gegners, Miroslav Shvartz, in seinem angestammten Drachen sogar leichten Vorteil hätte erhalten können (25. … La4!). Mehr dazu ebenfalls in „The Bad“.
Eine originelle Stellung erreichte Chris auf der anderen, weißen Seite eines Drachen (mehr in: „The Ugly“). Elena hatte im c3-Sizilianer eine sehr elementare, positionelle Herangehensweise gewählt (blockierte Bauern d4/d5, weißer Springer gegen den gegnerischen weißfeldrigen Läufer), was durchaus erfolgversprechend aussah (auch dazu mehr in: „The Ugly“).
Thorsten konnte seinen Gegner mit Caro‑Kann überraschen und eine unbalancierte Stellung mit Chancen auf Vorteil erspielen (schwarzes Vollzentrum und offene a-Linie vs. Damenflügelbauern; mehr abermals in: „The Ugly“). Markus hatte im Alapin nach einer Ungenauigkeit seines Gegners die richtige Idee (d4-d5; mehr in: „The Bad“).

 

The Bad

Schlecht war, dass unsere Topgun Jiri diesmal nichts aus dem Eröffnungsgefecht herausholte, und wir zudem noch Sorge haben mussten, ob er überhaupt schnell genug zieht. Alexander Graf übernahm nach der Zeitnotphase mit Hilfe eines h-Freibauern langsam die Kontrolle, spielte eine technisch starke Partie und krönte sie mit einem schönen Matt; 0-1.
Roland fand in seiner komplexen Drachenstellung nicht den angesprochenen, vorteilbringenden Läuferzug, und sein König geriet nach einem anschließenden Fehler in einen tödlichen Kugelhagel; 1‑0.
Markus hatte wie bereits beschrieben mit d4-d5 die richtige Idee, wählte aber wahrscheinlich den falschen Vorbereitungszug – mit 13. Sc3 (statt 13. Lf4) und anschließendem Anschieben des Zentralbauern wäre eventuell etwas Greifbares herausgekommen; so aber nach einigem Herumschieben der beiden Läuferpaare nur: Remis.
Ausschließlich in „The Bad“ taucht die Partie des geneigten Verfassers auf; in der französischen Vorstoßvariante ergriff ich die Möglichkeit, die mir mein Gegner mit 12. cxd5 (statt dem häufigeren 12. Lf3) bot, und drohte mit einem Entwicklungszug Matt – immerhin. Nach diesem gloriosen Einfall kann ich aber eigentlich nur noch zusehen, wie sich die weiße Initiative entwickelt; die naheliegende Verbesserung 16. … Db4 (statt 16. … Sd5) ist aus Enginesicht okay, die Stellung bleibt aber nach 17. Dc2 schwierig für Schwarz. Der Rest war ein Fest für die Geier: 1-0.

 

The Ugly

Gegen einen bis an die Zähne bewaffneten Kontrahenten geriet Harry im Sge7/g6-Spanier in eine optisch nicht sehr ansprechende Lage – aber wie gewöhnlich hatte er seine Ranch im Griff; Remis.

Chris schätzte die aus seinem Aufbau gegen den Drachen (cxb3 und Kf2; daher die vielleicht etwas unfaire Kategorisierung unter „The Ugly“) resultierende Stellung nicht als erfolgversprechend ein und bot – Remis.

Elenas positioneller Ansatz wurde von ihrem äußerst erfahrenen Gegner (GM Malich) entschärft, da es ihm gelang, den potentiell überlegenen weißen Springer frühzeitig zu dominieren; Remis.

Thorsten fand keinen Weg, seinen umsichtig agierenden Gegner ernsthaft in Gefahr zu bringen; sein Zentrum stand ebenso unter Beschuss wie die slawische Bauernstruktur des Weißen am Damenflügel. Für „The Ugly“ qualifizierte er sich noch mit der Abwicklung ins drei-gegen-drei Turmendspiel mit Doppelbauer auf der f-Linie und abgeschnittenem Kh6. Wohlgemeinte Hinweise der Teamkollegen, es sei jetzt auf Gewinn zu spielen, konnte selbst dieser Garchinger Desperado nicht mehr umsetzen.

 

In der Zusammenschau bleibt nur ein bitteres, aber leistungsgerechtes 2,5-5,5 gegen clever aufspielende Gastgeber. Wir hätten sicher aus der einen oder anderen Partie mehr Zählbares herausholen können; einen echten Showdown konnten wir in diesem Mannschaftskampf aber nicht herbeiführen. Noch stehen wir, um in der Bildsprache des Leone-Westerns zu bleiben, nicht mit der Schlinge um den Hals auf dem eigenen Grabkreuz – aber wir sollten uns bereits etwas strecken, bevor es soweit ist.