Abstiegsränge verlassen!

Mittwoch, 20 März 2013 02:32 Benno

Ein gutes Pferd springt nur so hoch es muss – getreu diesem Motto hat die erste Mannschaft allem Anschein nach Ihre Saison angelegt. Nach den teils unglücklich, teils aber auch verdient verlorenen Wettkämpfen zu Saisonbeginn konnte nun gegen Leipzig der zweite Sieg in Folge erreicht werden; der Klassenerhalt ist mit dieser starken und homogenen Teamleistung wieder in greifbare Nähe gerückt.


In der chronologischen Reihenfolge dieses Berichts trabt allerdings zunächst nicht das effiziente Pferd, sondern der Esel aus dem Stall, der sich bekanntlich zuerst nennt: Nach kurzer Spielzeit endete in theoretisch gut bekannter Stellung die Partie des Verfassers. Während nämlich in Berlin noch darum gestritten wird, ob die ikonische Hauptstadtmauer der Abrissbirne zum Opfer fallen soll, lag meinem Gegner ein solcher Akt der kulturellen Barbarei in der schachlichen Version der ‚Berliner Mauer‘ fern, und ich hatte gegen das frühe Schwarzremis auch nichts einzuwenden (Brett 7, ½ – ½).


An Brett drei ging es unkonventioneller und interessanter zu, da Chris mit Schwarz in einer königs- bzw. grünfeldindischen Struktur mit d7-d5 den d-Bauern vorübergehend opferte, und gleichzeitig seine Struktur am Königsflügel mit exf6 kompromittierte. Weiß erhielt zwei freie d-Bauern, die allerdings absehbar ihre Existenz als Landwirte eher aushauchen als durch Umwandlung aufwerten würden; zudem bereiteten eine mäßige Figurenkoordination und das schwarze Läuferpaar, insbesondere der konkurrenzlose schwarzfeldrige Läufer, Weiß erhebliche Schwierigkeiten. Das Remisgebot des Gegners lehnte Chris daher folgerichtig ab; nach korrektem Spiel des Weißen und einer kleinen Ungenauigkeit (f6-f5; evtl. wäre es gut gewesen, möglichst viele Schwerfiguren vom Brett zu nehmen?) war die Punkteteilung allerdings einige Zeit später der logische Ausgang (Brett 3, ½ - ½).


Unser Zugpferd Roland hatte am zweiten Brett mit den weißen Steinen durch prinzipielles Spiel in einer seltenen und für Schwarz riskanten Variante des Angenommenen Damengambits frühzeitig eine attraktive Stellung erhalten; allerdings hatte er trotz Entwicklungsvorsprungs und einer ungünstig platzierten schwarzen Dame nur einen einzigen Zug lang die Möglichkeit, einen greifbaren Vorteil zu erspielen. Nachdem er einen natürlichen Entwicklungszug der sofortigen Stellungsöffnung mit d4-d5 vorgezogen hatte, verflachte die Partie schnell ins Remis (Brett 2, ½ - ½).


Auch Harald an vier hatte ‚gefühlt‘ die vielleicht etwas angenehmere Stellung. In einer Benoni-ähnlichen Struktur war es jedoch schwer, etwas Greifbares zu erreichen; die schwarze Schwäche auf der a-Linie war schwerlich spielentscheidend, und Gegenspiel auf der b-Linie zusammen mit der Tatsache, dass bereits ein Leichtfigurenpaar getauscht war (so dass der übliche Platzmangel im Benoni dem Schwarzen hier nicht zu schaffen machte), ließen Schwarz ausgleichen (Brett 4, ½ - ½).


Allerdings war uns diese Serie von Remisen ganz recht, denn die restlichen Partien standen vielversprechend. Johannes konnte dann auch an Brett 8 in einer Variante des Franzosen zeigen, dass die Figurenaufstellung des Schwarzen – unter anderem parkte ein gegnerischer Läufer neben dem weißen König, und ein Springer schwebte unantastbar, aber auch ohne erkennbare Funktion vor der Königsstellung – keinen rechten Sinn ergab. Während Schwarz also in der h-Linie ein potemkinsches Dorf aufbaute, nutzte Johannes die d-Linie, um tatsächlich etwas zu erreichen; plötzlich entstanden entscheidende Drohungen, und wir gingen verdientermaßen in Führung (Brett 8, 1-0, 3-2 Garching).


Am Spitzenbrett spielte Jiri mit den schwarzen Steinen gegen eine etwas provokante katalanische Zugfolge des Weißen, und nahm diesem erstmal beide Zentralbauern weg. Es war klar, dass Weiß einen der Bauern unmittelbar zurückerlangen würde, und den zweiten für den Rest der Partie belagern kann, so dass der materielle Vorteil von Schwarz vermutlich nicht stark ins Gewicht fallen würde. Stark war jetzt aber, wie Jiri es dem Weißen schwer machte am Damenflügel das Gleichgewicht wiederherzustellen, und gleichzeitig Zeit fand, die unwahrscheinliche Karriere seines h-Bauern zu starten: Während h7-h5 noch wie ein halber Wartezug für mich aussah, dürfte Jiri schon klar gewesen sein, dass mit der Überführung eines Turms auf die sechsten Reihe und folgendem h5-h4 später ernsthaftes Gegenspiel entstehen würde. Dass der h-Bauer dann auch noch mit h4-h3 die abschließende Mattkombination einleitete, war schon erstaunlich. Tragisch nur für den Underdog-Helden der Partie (der h-Bauer, nicht Jiri), dass er von Roland Voigt in einer späten Racheaktion noch herausgeschlagen wurde (Brett 1, 0-1, 4-2 Garching).


Den Mannschaftssieg in trockene Tücher bringen durfte dann Thorsten an Brett 5. Zwar hatten die eher ‚klassisch‘ orientierten Spieler unter den Garchingern anfangs einige Bedenken – Thorsten hatte das Zentrum, insgesamt ziemlich viel Raum und zudem das Läuferpaar hergegeben –, aber er demonstrierte, dass die Stellung nicht einseitig war. Der Druck gegen das weiße Zentrum wurde schließlich so stark, dass Weiß zum Öffnen der Stellung gezwungen war; dafür fehlte es aber an der richtigen Vorbereitung, und nach 21. e5? ging der Schuss für den Weißen nach hinten los. Thorsten hätte nach einer Verwechslung des Gegners in der Eröffnung (11. f4??) bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt die Partie mit einer interessanten taktischen Pointe entscheiden können (11. … Sfg4!), aber so hat es uns auch ganz gut gefallen (Brett 5, 0-1, 5-2 Garching).


Zu diesem Zeitpunkt hatte Markus am sechsten Brett bereits über viele Stunden hinweg eine vorteilhafte Stellung mit Raumvorteil und gegnerischen Felderschwächen gehabt. Allerdings hatte das Verwalten dieses Vorteils einige Bedenkzeit gekostet, ohne dass direkte Fortschritte erzwingbar gewesen wären. In der nun einsetzenden Zeitnotphase verunklarte die Partie zusehends, und schließlich landete Markus in einem schwierigen Endspiel mit einem Minusbauern, das trotz einigen Widerstandes verloren ging (Brett 6, 0-1, 5-3 Garching).

 

Mit diesem ganz wichtigen Erfolg bleibt der Kampf um den Klassenerhalt spannend. Für das abschließende Spiel gegen die starke Mannschaft aus Aue (14.04. in Aue) hilft es uns allerdings nicht, vorab darüber zu spekulieren wie breit der Wassergraben ist; wir müssen jetzt einfach nochmal einen sehr guten Sprung hinlegen, um dem Pferdemetzger für ein weiteres Jahr zu entkommen.

 

 

     SC Garching 1980 1 2346 -    SG Leipzig 1 2311 5 – 3
1 1 Stocek, Jiri 2557 - 1 Voigt, Roland 2432 1 – 0
2 2 Loetscher, Roland 2399 - 3 Wernert, Wilfrid 2370 0,5 – 0,5
3 3 Koepke, Christian 2355 - 4 Schubert, Thomas 2356 0,5 – 0,5
4 4 Bredl, Harald 2361 - 5 Zesch, Ludwig 2314 0,5 – 0,5
5 6 Schmitz, Thorsten 2342 - 6 Boehnisch, Manfred 2254 1 – 0
6 7 Schleich, Markus 2306 - 7 Rausch, Stephan 2307 0 – 1
7 8 Ruecker, Benjamin 2227 - 10 Schoeneberg, Manfred 2221 0,5 – 0,5
8 10 Rusche, Johannes 2220 - 12 Schultz, Andreas 2237 1 – 0